Urgandel im Hunderundviertzigsten
Mondzyklus nach der Besetzung: Blutmond
Es war kalt und auf dem am Boden
liegenden Laub hatte sich Raureif gebildet. Tenebris hatte sich mit ihrer
Gruppe vom Tross getrennt und die Reise zum Nördlichen Gebirge angetreten.
Arwenie und ihre Schwester Derwie ritten mit ihren Partnern Silèda und
Vàngarl. Sie hatten den größten Teil der
Strecke hinter sich gelassen, als es nicht mehr möglich war den Söldnern aus
dem Weg zu gehen. Sie schlugen ein Lager auf und berieten sich.
Tenebris
reichte jeder Zwergin kurze Dolche, die sie in ihren Ärmeln verstecken konnten,
dazu kamen Schlagringe und Schlafpulver. „Hört zu, wir sind nun sehr nahe und
wir würden nur auffallen wenn wir weiter reiten.“ Sie zeichnete mit ihrem
Messer eine Karte in den Sand. „Wir werden die Söldner angreifen und aufschrecken.
Wenn wir uns zurück ziehen werden sie uns folgen. Das gibt euch Zeit, über die
Bäume an ihnen vorbei zu schleichen.“ Die Albin wandte sich an die beiden
Schattenelben. „Ihr werdet nur im Notfall kämpfen oder um euch zu verteidigen,
die Zwerginnen müssen unverletzt in die Festung gelangen. Ist das geschehen,
sucht euch ein Versteck.“ Dann schaute sie die beiden Schwestern an. „Ihr
versucht so viel wie möglich zu erfahren. Wer der Schmied ist und wer die
Waffen kauft. Wenn ihr die Information habt, geht sofort zu den Schattenelben
und kehrt zu uns zurück.“
Dann
ging es los, Tenebris griff mit den Schattenelben die Herberge an und lockte
die Söldner fort. Arwenie und ihre Schwester klammerten sich an den Rücken
ihrer Partner und ließen sich die Bäume hoch tragen. Die Schattenelben sprangen
geschickt von einem Ast auf den anderen, von Baum zu Baum, doch bald mussten
sie stoppen. Sie konnten den Eingang zu den Felsen sehen, doch nicht weit
entfernt lagerte eine Gruppe Söldner. Nur ein Mann hielt Wache und sein Gestank
drang bis in die Baumkrone.
Silèda
flüsterte Arwenie etwas zu und die Zwergin nickte. Die Schattenelbin löste
einen Strick, den sie sich um die Taille gebunden hatte und band ein Ende um
den Knöchel der Zwergin. Dann schaute sie zu dem Söldner, nahm maß, wickelte
sich den Strick um ihren Arm und hielt es fest. Sie nickte Arwenie zu, die
daraufhin ihre Dolche zog und den langen Ast entlang lief. Als sie das Ende des
Astes erreicht hatte ließ sie sich in die Tiefe fallen und schwang auf den Söldner
zu.
Der
Mann schaute in den dichten Wald. Er langweilte sich und hoffte auf die baldige
Ablösung. Plötzlich huschte ein Schatten an seinem Gesicht vorbei, ein Geräusch
war zuhören als wenn jemand mit der Sichel Grass schnitt. Der Mann stand wie
versteinert da, in seinem Gesicht spiegelte sich Staunen und Unglaube. Die
Weigerung zu akzeptieren was gerade geschehen war. Er fasste sich an den Hals,
hob die Hand vor sein Gesicht und schaute auf das frische Blut, das sein eignes
war. Mit einem leisen Gurgeln sank der Söldner tot zu Boden.
Die
vier schlichen auf leisen Sohlen zum Eingang der Felsen. “Hier trennen sich
unsere Wege. Wenn ihr Informationen habt kommt einfach hier her, wir finden
euch dann schon.“ sagte Silèda und nahm die Zwergin in die Arme. Auch Vàngarl
verabschiedete sich von Derwie, er umarmte sie und gab ihr einen Kuss auf die
Wange. „Viel Glück, kleine Schwester.“ sagte er leise und Derwie musste
lächeln. Die Zwerginnen liefen durch die Felsen hindurch. Auf halben Weg
wechselten sie ihre Kleidung und versteckten ihre Rucksäcke in einer Nische.
Als sie das Tor erreicht hatten, riefen die Wachen von den Wehrgängen ihnen zu.
„Halt, wer da!!!“ Derwie ergriff das Wort: „ Ich bin Derwie und das ist meine
Freundin Arwenie. Zwei Jungzwerge hatten uns gesagt dass sie sich mit uns
treffen wollten, aber die Feiglinge sind nicht gekommen.“ Der Zwerg auf den
Palisaden lachte. „Ja so sind manche, wenn es ernst wird kneifen sie. Zum Glück
ist mein Sohn nicht so ein Blumenpflücker.“ Das Tor öffnete sich und die
Schwestern traten ein, der erste Teil des Planes war erfüllt.
Die
Gruppe hatte einige Dörfer hinter sich gelassen und konnte am Horizont die
Türme von Burinda erkennen. Fortingas erklärte, das sie ohne Verkleidung nicht
in die Stadt gehen konnten. Tyrella war aufgefallen, dass der Nachtalb sich
verändert hatte seid Calseha aufgetaucht war. Wenn es darum ging Holz zu holen,
war er sofort los gerannt und kam mit schweren Stämmen zurück.
Der
Nachtalb meinte dass sie auf ihn warten sollten und verschwand. Bei
Sonnenuntergang kam er zurück, die Arme voll Kleider. Fortingas meinte, dass es
am sichersten sei wenn die Zwerge als Kinder verkleidet in die Stadt gingen.
Wallungur brummte, aber stimmte schließlich zu. Doch als der Nachtalb sagte, dass
der Bart abrasiert werden müsse, hob der Zwerg die Axt und drohte ihm die Ohren
ab zu schneiden.
Tief
in der Nacht betraten sie die Stadt. Fortingas hatte sich einen Kapuzenumhang
über geworfen, der seine Ohren verdeckte. Wallungur trug eine Dicke Wolljacke
und eine Mütze, dazu einen Schal der seinen Bart verbarg. Tyrella hatte ein
geblümtes Kleidchen an, den Bauch hatte sie mit Grass ausgepolstert damit ihre
Brüste nicht auffielen. Klondieke trug ein blaues Kleidchen mit Rüschen am Hals
und die Haare waren mit Holzkohle schwarz gefärbt. Als sie in der Nähe des Marktes
waren, schlug Fortingas vor sich zu trennen. „Calseha, du gehst mit Tyrella und
Klondieke, Dolsahra du kommst mit Wallungur und mir. Wir suchen einen Mann
namens Duras.“ Der Nachtalb wollte die Base bei sich haben, denn er traute ihr
nicht.
Tyrella
und Calseha liefen durch die Gassen und suchten nach einem Haus, wo sich der
gesuchte aufhalten könnte. Plötzlich sprang ein Mann aus der Dunkelheit und
bedrohte sie mit einem Messer. „Her mit eurem Geld oder ich schneide euch die
Kehlen durch!!“ sagte er mit dumpfer Stimme. Calseha schwor, das sie kein Geld
hatte, doch der Dieb glaubte ihr nicht. Mit erhobenem Messer machte er einen
Schritt auf die junge Frau zu. „Dein Geld oder ich töte deine Kinder.“ drohte
er. Tyrella sprang vor und schlug ihm mit der Faust ins Gemächt. Der Mann
jaulte auf und ließ das Messer fallen. Tyrella setzte nach und trat ihm gegen
die Kniescheiben, das er umknickte. Die Zwergin warf den Dieb bäuchlings zu
Boden, setzte sich auf ihn und faste ihn bei den Ohren. Sie schlug den Kopf des
Mannes immer wieder auf das Kopfsteinpflaster und schrie dabei: „Dir werde ich
lehren wehrlose Frauen um das wenige Geld berauben zu wollen.“ Calseha
versuchte die Zwergin zu beruhigen, doch Tyrella war so in Rage das sie nichts
hörte.
Wallungur
und der Alb hörten den Lärm und erkannten Tyrellas Stimme. Sofort liefen sie
los um der Zwergin bei zu stehen. Als sie den Schauplatz des Geschehens
erreichten, blieb Fortingas mit offenem Mund stehen und legte den Kopf schief.
Der Nachtalb hatte sich schnell gefangen und versuchte die Zwergin von dem Mann
herunter zu holen, doch sie ließ nicht los. Er legte seine Arme um ihren Leib
und riss sie fort. Tyrella strampelte und schlug um sich. „Sei ruhig!!“ rief
er. Die Zwergin erkannte die Stimme und beruhigte sich etwas. Doch als sie
merkte in welcher Lage sie sich befand begann sie von neuem. „Lass mich runter
und Finger weg vom Gemüse!!“ Nun sah Fortingas erst wo er seine Hand hatte, mit
rotem Kopf setzte er die Zwergin auf die Erde.
„Wir
sollten nicht auffallen.“ meinte Wallungur. Doch die Zwergin zeigte mit dem
Daumen hinter sich. „Erzähl das dem da…“ sie stockte, denn ein hohles Klopfen
war zu hören. Sie drehten sich um und sahen Klondieke, die auf dem Dieb saß und
seinen Kopf auf den Boden schlug. Dabei lächelte sie stolz zu Tyrella. Dolsahra
lief zu dem Kind und zog es von dem Man herunter. „Nun reicht es aber, ihr
Zwerge habt einen schlechten Einfluss auf das Kind. Schluss damit!!“ schimpfte
sie und wollte Klondieke die Eisenringe aus den Haaren ziehen. Das Mädchen
wehrte sich, lief zu Tyrella und versteckte sich hinter ihr. „Was hast du
denn?“ fragte Fortingas. „Nun hat sie gelernt wie sich gegen Diebe wehren
muss!“ Bei dieser Bemerkung konnte sich die alte Frau nicht mehr halten. „Sie
braucht sich nicht zu wehren, irgendwann lässt sie jeden Köpfen der ihr nicht…“
Alle schauten sie an. „Was meinst du damit?“ fragte Wallungur. „Nicht so
wichtig.“ winkte sie ab, zusammen gingen sie weiter. Der Dieb blieb zurück. Er
atmete schwer und wimmerte leise. „Hilfe.“
Raziael/Überarbeitung: Rina Smaragdauge