Sonntag, 27. Mai 2012

Die Prophezeiung Kapitel 12 ( Der Hinterhalt)

Urgandel im Hundertachtunddreißigsten Mondzyklus nach der Besetzung: Hauptstadt Pistrana, Halbmond

Tenebris So'no öffnete die Tür zu ihrem Haus und ließ die drei jungen Nachtalben  hinaustreten. In der Ferne sah sie Soldaten auf sich zukommen, es war die persönliche Leibwache des Obersten Alb. Calister Pouè Pas lief in der Mitte der Gruppe und genoss es das die Menschen sobald sie nur seinen Schatten sahen, vor ihm auf die Knie fielen. Er schaute auf sie herab und hob segnend seine Hände. Tenebris musste sich ein Grinsen verkneifen, so lächerlich fand sie sein Getue. 

Als die Soldaten das Haus erreicht hatten, formten sie eine Gasse und Calister trat heraus dabei fiel sein Blick auf die Nachtalben. „Ich grüße dich Tenebris So'no. Was tun die jungen Leute bei dir? Ich dachte du hast dich vom Kampf zurück gezogen?" Eine der weiblichen Alben schaute nervös zu Tenebris. „Ich Unterrichte sie darin auf der Knochenharfe zu spielen. Musik und Poesie ist ein Teil von uns!" Das Gesicht von Calister verhärtete sich als er Tenebris dies sagen hörte. Sie forderte die jungen Alben auf zu gehen, widerstrebend gehorchten sie.

Der Oberste Alb betrat das Haus, Diener führten sie in ein Zimmer von wo aus der wachsende Mond gut zu sehen war. Calister ließ sich auf einen Stuhl nieder, Tenebris tat es ihm gleich. Als der Diener Tee serviert hatte und den Raum verlassen hatte, begann Calister zu sprechen: „Ich habe deinen Sohn Fortingas lange nicht mehr gesehen, er vernachlässigt seinen Dienst!" „Er hat kaum noch Kontakt zu mir. Ich dachte du hättest ihn versetzt!" spielte Tenebris die unwissende. Der Alb erhob sich und ging zu dem Waffenständer in dem zwei geschwungene Schwerter ruhten. „Du warst eine hervorragende Kriegerin. Warum hast du deine Waffen niedergelegt?" Er nahm eines der Schwerter und vollführte einige Schläge. „Ich war in Hoffnung mit Fortingas und nach Sechstausendfünfhundert Mondzyklen wird man langsam. Sieh dich selbst an!" gab sie gelassen zurück.

Calister fuhr herum. „Ich bin noch immer so schnell und gefährlich wie eh und je! Doch bin ich nicht gekommen um mich zu beweisen!" Er legte das Schwert zurück und setzte sich wieder. „Ist dir etwas an den jungen Leuten aufgefallen? Meine Soldaten sagen, das immer öfter einige der Jungen und Mädchen nächtelang verschwinden und sich seltsam verhalten wenn sie zurück sind!" Tenebris grinste. „Du weißt wie junge Leute sind wenn sie einander entdecken!" Der Alb schaute ihr tief in die roten Augen als wolle er ihre Gedanken lesen. „Ich weiß wie du früher warst. Als wir dich in der Hütte gefunden haben warst du nicht mehr dieselbe Tenebris der es nach Blut gedürstet hat!" Die Albin hielt seinem Blick stand und ließ sich nicht einschüchtern.

 „Irgendwann ist jeder Durst gestillt und was die jüngeren angeht, vielleicht ist es das Erbe unserer Ahnen, das in ihnen erwacht und sie drängt die Wälder auf zu suchen." Wer weiß wie lange schon…
Tenebris erinnerte sich an ihre Kindheit. Oft war sie mit ihrer Mutter in die Wälder gegangen und hatte die Elben beobachtet, wie sie ihre Rituale vollzogen hatten. Sie hatten mit den Pflanzen und Bäumen kommuniziert, die Laute geschlagen und dazu gesungen. Tenebris und ihre Mutter hatten sie mit Pfeilen gespickt und die Knochen zum Bleichen in die Bäume gehangen um daraus Knochenharfen zu machen.

  Sie wurde in tiefen Hass auf die gutherzigen Elben erzogen. Der Grund für diese innige Abneigung war, dass die Nachtalben die Dunkelheit suchten und sich in die Höhlen zurück gezogen hatten. Doch das war nicht die Entscheidung der Alben. Eine Siedlung der Elben wurde von Schattenwesen überfallen und die Frauen geschändet. Weil die Elbinnen sich die Frucht der Schändung zu Töten weigerten, wurden sie ausgestoßen. Die Mütter hofften, dass ihre Kinder das sanfte Gemüt der Elben erhalten würden, doch sie erbten nur das Aussehen. 

Doch was wenn sich das Elbische durchgesetzt hatte und in den Generationen die Oberhand gewonnen hat? Wie viele mochten es sein? Und würden sie sich eines Tages gegen Calister stellen?
Als Tenebris die menschliche Liebe kennengelernt hatte, hatte sich auch in ihr etwas verändert. Sicher, sie konnte noch immer töten und stellte aus Menschenknochen Harfen her. Doch ihr Glaube in Calister Pouè Pas war erloschen. Sie glaubte nicht mehr an das Göttliche in sich oder in ihm, denn Götter starben nicht wenn sie von einem Schwert getroffen wurden. Nachtalben schon.

Calister trank den letzten Tee und stand auf. „Nun, sollten dir deine Schüler etwas erzählen oder wenn dir etwas auffällt, dann berichte es mir!" Als der Oberste Alb gegangen war, schenkte sich Tenebris Tee nach. Sie versank in Gedanken, sie hatte Fortingas in den Westen geschickt und wenn Calister nach ihrem Sohn fragte musste er Verdacht geschöpft haben. Auch war es möglich das er einen Widerstand in den eignen Reihen fürchtete, dann wäre die Schifffahrt bewacht und Fortingas wäre immer noch hier in Urgandel. Sie brauchte Gewissheit und es gab jemanden den sie Fragen konnte. Die Tochter einer alten Freundin. Als sie ihr Kind geboren hatte war sie aus Pistrana verschwunden und nach Urlandis gegangen. Angeblich war das Kind blind gewesen. Tenebris packte einige Sachen und befahl dem Stallburschen ein Pferd zu satteln. Ihre Schwerter wickelte sie in eine Decke. Noch in derselben Nacht verließ Tenebris die Hauptstadt und ritt Richtung Osten.

Der Wirt stellte die Stühle hoch und wies den Reisenden ihre Zimmer zu. Die Idee in der Nähe des Nördlichen Gebirges eine Herberge zu errichten, hatte sich als eine wahre Silberquelle erwiesen. Immer wieder machten die Karawanen der Zwerge bei ihm Rast und bezahlten gut. Während des Krieges hatten sie ihm Schutz gewährt und vor den Nachtalben bewahrt. Wenn die Zwerge ihre Märkte abhielten herrschte Hochsaison. Er wollte die Tür schließen, als sich ein Fuß in die Tür schob. Eine hochgewachsene Gestalt, die Kapuze tief ins Gesicht gezogen, schob ihn zur Seite und trat ein. Etwa dreißig Vermummte folgten ihr. „Was kann ich für euch und eure Männer tun, Herr?" fragte er unterwürfig. „Hast du zwei Zwerge mit einem Kind gesehen? Oder hast du gehört, dass sie auf dem Weg hier her sind?" Der Mann schüttelte den Kopf. „Nein, aber wenn sie ins Gebirge wollen müssen sie hier vorbei kommen!" Die Gestalt schob die Kapuze zurück und zwei rote Augen funkelten den Wirt an.

 Der Mann zuckte zusammen und starrte auf die Schwertspitze, die aus seiner Brust austrat. Der Wirt sackte zusammen und war auf der Stelle tot. Die Albin nickte den Männern zu. „Geht und räumt die Zimmer auf!" Mit gezogenen Waffen schlichen die Söldner die Treppe herauf und betraten die Zimmer aus denen leises Röcheln zu vernehmen war. Sie wandte sich den zweien zu, die bei ihr geblieben waren. „Geht und bereitet alles vor, wenn ich Recht behalte ist unsere Beute bald hier!"
Raziael/Überarbeitung:Rina smaragdauge

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